Beeinflusst das Immunsystem unser Sozialverhalten?

Beeinflusst das Immunsystem unser Sozialverhalten?

Das Immunsystem und die Neurologie waren bisher zwei eigenständige Fachbereiche, doch nun hat sich ein gewisser Zusammenhang gezeigt. Forscher der Universität zu Virginia haben nachweisen können, dass das Immunsystem nicht nur das Sozialverhalten beeinflussen, sondern sogar kontrollieren kann.

Schon sehr viele Jahre vermutet man einen Zusammenhang zwischen dem Immun- und Nervensystem. Stress wirkt sich negativ auf die Wundheilung aus. Doch erst in den 70er Jahren wurde die Psychoneuroimmunologie etabliert. Robert Ader zeigte als Erster, dass bestimmte Immunreaktionen in Ratten hervorgerufen werden können. Er fand heraus, dass das Nervensystem mit dem Immunsystem zusammenarbeiten kann und gewisse Reaktionen erlernt werden können. Dieses Zusammenspiel erklärt ebenfalls den Placebo Effekt, bei dem eine Linderung oder Besserung eines Zustandes erreicht wird, ohne eine wissenschaftlich bewiesene medizinische Methode angewendet zu haben. Robert Ader zeigte im Jahre 2009 wie wichtig der Placebo Effekt bei der Behandlung von Psoriasis ist. Im Jahre 2016 zeigte Ph.d. Jonathan Kipnis, der Vorsitzende des UVA Institutes für Neurowissenschaften, dass weitere Verbindungen zwischen dem Gehirn und dem Immunsystem bestehen. Die Verbindungen liegen zwischen den Blutgefäßen, der Hirnhäute und dem Lymphe System.

Diese Erkenntnis stand jedoch im Konflikt mit der bisherigen Auffassung, dass das Gehirn ein Immunprivileg besitzt. Das bedeutet, dass das Immunsystem hier die Pathogene nicht erkennen und bekämpfen kann. Kipnis neueste Studie befasst sich nun mit einer weiteren Gehirn-Immunsystem-Interaktion. Das Forscherteam fand heraus, dass ein Immunmolekül – Interferon Gamma – eine wichtige Rolle im Sozialverhalten spielt.

Normalerweise wird Interferon Gamma als Reaktion auf einen schädlichen Mikroorganismus freigesetzt – und hier ist es egal, ob es sich um einen Virus, ein Bakterium oder einen Parasiten handelt. Aber bei einer Reihe von Tieren, besonders Zebrafischen, Fliegen, Ratten und Mäusen konnte eine erhöhte Aktivität des Interferon Gammas nachgewiesen werden, wenn diese in einem sozialen Umfeld agierten.

 

Neue studie

Die neueste Studie basiert nun auf der Blockierung des Interferon-Gammas, um den Effekt dieser Stoffe auf das Gehirn von Mäusen aufzuzeigen. Die Blockade wird durch eine Veränderung von Genen hervorgerufen und führte zu einer erhöhten Hirnaktivität. Die erhöhte Gehirnaktivität wiederum führte dazu, dass sich die Mäuse sozial isolierten. Sobald die Blockade aufgehoben wurde, benahmen sich die Mäuse wieder wie vor dem Versuch. Diese Funde deuten auf einen Zusammenhang zwischen dem Immunsystem und dem Sozialverhalten hin.

Athony J. Filiano, ein Mitautor dieser Studie, fügt hinzu, dass das Sozialverhalten ein wichtiger Bestandteil des Überlebens sei. Das Sozialverhalten ist ein Teil der Nahrungssuche, sexueller Reproduktion und der Jagd.  Je größer die Gruppe, desto größer sei das Risiko für eine Infektion. Aber das Leben in Gruppen sei überlebenswichtig. Die Idee ist nun, dass das Interferon Gamma in der Evolution dazu dient, das Sozialverhalten zu fördern und gleichzeitig das Immunsystem zu stärken. Laut der Forscher ist es nämlich möglich, dass ein geschwächtes Immunsystem dazu beitragen kann, dass soziale Probleme auftreten, die besonders bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen typisch sind.

Sowohl Neurowissenschaften als auch die Immunologie sind sehr komplizierte Fachbereiche. Ein Zusammenhang zwischen diesen Fachbereichen ist sehr schwer zu erklären und fordert zeitaufwendige Forschung. Es ist nicht ein einzelnes Molekül, was für diesen Zustand verantwortlich ist, sondern ein Zusammenspiel aus mehreren – und das Wissen darüber, wie das Immunsystem, Bakterien oder andere Immunzellen das Sozialverhalten beeinflussen können, bahnt den Weg für neue Behandlungsmöglichkeiten.

 

Quellenverzeichnis:

1. http://www.medicalnewstoday.com/articles/311815.php

2. https://www.urmc.rochester.edu/news/story/3370/robert-ader-founder-of-psychoneuroimmunology-dies.aspx

Aktuellste Neuigkeiten

Alle Neuigkeiten
Warten Sie!
Es dauert nur 2 Minuten.
Möchten Sie an Forschungsprojekten teilnehmen?
Kostenlos und unverbindlich · über 65.000 Mitglieder
Ja, ich melde mich an!
Vielleicht später
Gesundheitshandbuch

Bringen Sie die Forschung zusammen mit dem Gesundheitshandbuch voran

Das Gesundheitshandbuch hat sich zum Ziel gemacht, die Gesundheit durch Forschung zu fördern und dazu benötigt es Ihre Hilfe. Sie können helfen, indem Sie sich beim Gesundheitshandbuch anmelden und als potentieller Studienteilnehmer zur Verfügung stehen. Wenn Ihr Gesundheitsprofil auf die jeweilige Studie passt, kommen Sie als Versuchsteilnehmer in Frage und werden daraufhin kontaktiert.

Gesundheitsprofil erstellen